Nachdem Bijan Djir-Sarai vom Amt des Generalsekretärs unserer Partei zurückgetreten ist, hat mich Christian Lindner nun gebeten, diese Aufgabe unverzüglich zu übernehmen. Für das Vertrauen und die Zustimmung von Präsidium sowie Bundesvorstand bin ich dankbar. Ich habe mich sofort an die Arbeit gemacht. Vieles ist nun schnell zu entscheiden. Denn durch die vorgezogene Neuwahl müssen wir jetzt rasch Wahlprogramm und -kampagne vorbereiten.
Natürlich schreibe ich Ihnen auch, weil mir absolut bewusst ist, dass die letzten Wochen für Sie alle sehr aufregend und ganz bestimmt auch belastend gewesen sind. Da waren zum einen die politischen Verwerfungen, die dazu geführt haben, dass die Ampel-Koalition im Bund zerbrochen ist. Und zum anderen war da das mediale Bild, das über den Charakter der Freien Demokraten gezeichnet worden ist. Dieses Bild ist unter anderem deshalb zustande gekommen, weil ein internes Dokument erstellt und öffentlich wurde, das von Inhalt und Form her nicht den Standards und Ansprüchen der Freien Demokraten genügt. Zudem kam es zu einem Fehler in der Abstimmung zwischen dem ehemaligen Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann und dem ehemaligen Generalsekretär Bijan Djir-Sarai über dieses Papier. Es ist ein Vertrauens- und Reputationsschaden entstanden. Die beiden Beteiligten bedauern sehr, dass es dazu gekommen ist. Sie haben persönliche Konsequenzen gezogen und ihre Ämter zur Verfügung gestellt. Das zeigt, dass Freiheit und Verantwortung für Freie Demokraten mehr als Worte, sondern gelebte Werte sind. Wir arbeiten diese Dinge nun auf, damit sich solche Fehler in Zukunft nicht wiederholen.
Der wichtigste Grund jedoch, um Ihnen zu schreiben, ist, dass ich um Ihr persönliches Vertrauen in die Mission unserer Partei werbe:
Die Freien Demokraten sind die einzige Partei des politischen Liberalismus in Deutschland. Liberalismus meint die ganze Freiheit des Menschen – in politischen, wirtschaftlichen und geistigen Angelegenheiten. Um diese Freiheit zu schützen, verteidigen Liberale den Rechtsstaat und die Grundrechte, die privatwirtschaftliche Initiative, das Eigentum und das Prinzip, dass Leistung statt Herkunft den Weg eines Menschen bestimmen soll. Wer versucht, diese Freiheit in angeblich gute und schlechte Teile zu filetieren, bringt sie um ihr Leben.
Auf dieser Grundlage haben Freie Demokraten immer wieder an wichtigen historischen Wendepunkten entscheidende Impulse für eine bessere Zukunft unseres Landes gesetzt. Die Grundentscheidung für die Soziale Marktwirtschaft, Bildungsexpansion und Bafög-Einführung, eine neue Ostpolitik, die marktwirtschaftliche Erneuerung in 1980er-Jahren oder die deutsche Wiedervereinigung sind nur die bekanntesten Beispiele.
Einen solchen Impuls braucht unser Land heute wieder. Denn wir alle spüren doch, dass es so nicht weitergeht:
- Seit Jahren stagniert unsere Wirtschaft. Damit kehren Sorgen um unseren Wohlstand und Abstiegsängste in unsere Gesellschaft zurück. Das gesellschaftliche Klima wird rauer. Die Toleranz der Menschen untereinander nimmt ab. Damit die Zuversicht zurückkehrt, muss unsere Wirtschaft wieder wachsen.
- Noch nie hatte der Staat so viel Geld, Personal und Befugnisse zur Verfügung. Trotzdem funktioniert er heute nicht besser. Denn er verzettelt sich und versucht zu stark, in zu viele Lebensbereiche hineinzuregieren. Bürger, Betriebe und Behörden empfinden einen regelrechten Bürokratie-Burnout. Das Sicherheitsempfinden schwindet. Daher muss die Politik wieder klare Prioritäten setzen. Denn nur mit klarer Konzentration kann der Staat das, wofür er wirklich unverzichtbar ist, auch wirklich gut erledigen.
- Die unzureichende Migrationspolitik droht unser Land zu spalten und politisch zu destabilisieren. Daher ist es dringend nötig, irreguläre und unkontrollierte Migration zu stoppen; zugleich muss unsere Gesellschaft aber für diejenigen Einwanderer offen bleiben, die von ihrer Leistung und Qualifikation nach unseren Gesetzen mit uns leben wollen.
Freie Demokraten haben in der Bundesregierung hart daran gearbeitet, diese Herausforderungen zu bewältigen. Aber die Übereinstimmungen in der Koalition waren am Ende sehr gering. Sie war daher nicht mehr zu gemeinsamen Lösungen in der Lage, die den Problemen angemessen wären. Eine entschlossene Veränderung zum Besseren war mit SPD und Grünen nicht möglich. Daran ist die Koalition gescheitert.
Vor diesem Hintergrund kann man festhalten: Es ist gut, dass die Bürgerinnen und Bürger bei den anstehenden Neuwahlen bestimmen können, was die Schwerpunkte der nächsten Bundesregierung sein werden. Es geht um eine Richtungsentscheidung.
Daher bitte ich Sie: Helfen Sie mit, dass wir dem Land diesen dringend notwendigen Modernisierungsimpuls geben! Für die Rückkehr wirtschaftlicher Stärke und des Optimismus in der Gesellschaft. Für einen fitten und handlungsfähigen Staat statt zu viel Bürokratie mit Schuldenbergen. Für geordnete Verhältnisse in der Migration, die klare Regeln und Grenzen durchsetzt, um die politische Polarisierung zu stoppen.
Machen Sie mit! Es geht um unser Land.
Mit liberalen Grüßen